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Bis zu 200 Hugenotten lebten in Aarau

Vorträge im Chor der Stadtkirche (Foto: Doris Brodbeck)
Vorträge im Chor der Stadtkirche (Foto: Doris Brodbeck)
An der zweiten Jahresversammlung des Vereins Hugenotten- und Waldenserweg Aargau-Zürich-Schaffhausen am Freitag 24. Mai 2019 erzählte die Historikerin Margrit Wick-Werder über die Wasserwege und den Transport der französischen Glaubensflüchtlinge durch die Schweiz. Pfarrerin Régine Lagarde berichtete von der zehn Jahre dauernden Kolonie von Hugenotten in Aarau. Abgerundet wurde dies mit Musik zum Hugenottenpsalter.
Doris Brodbeck,
Eine Kolonie von schliesslich 200 Glaubensflüchtlingen aus Frankreich und aus dem Piemont lebte während über 10 Jahren, von 1685 bis 1699, in Aarau. Die Ankömmlinge arbeiteten grösstenteils in Textilmanufakturen. Unter ihnen befanden sich zudem einige Unternehmer, die eigene Betriebe schufen. Sie versuchten sich auch im Anbau von Maulbeerbäumen für die Seidenraupenzucht, allerdings ohne Erfolg. In der gerade nicht benötigten Lateinschule in der Milchgasse waren Hugenotten für eine Weile untergebracht. Ab 1692 betreute der aus den Cevennen geflohene Pfarrer Guillaume Barjon die Kolonie. Zuvor wurde sie von den Pfarrern der Aarauer Stadtkirche betreut. Bei der Auflösung der Kolonie zog der Pfarrer Guillaume Barjon weiter nach Helmarshausen in Nord-Hessen, wo für die Hugenotten die Stadt Karlshafen neu entstehen sollte. Er wurde deren erster Pfarrer. Die verbliebenen Gemeindeglieder konnten in Aarau bleiben, wenn sie sich selbst versorgen konnten, was bei der Blüte der damaligen Textilindustrie für einige möglich war.

Die Wasserwege vor 300 Jahren
Jahrhundertelang wurde der Wasserweg dem Landweg vorgezogen. Erst mit dem Ausbau der Landstrassen im 18. Jahrhundert verlagerte sich der Verkehr vermehrt auf die Strasse. Doch wirklich abgelöst wurde der Transport auf dem Wasser erst mit der Eisenbahn in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts. Der Schiffsverkehr diente in erster Linie dem Warentransport, wobei immer einige Plätze für mitreisende Passagiere vorhanden waren. Reine Personentransporte gab es nur in Ausnahmefällen, beispielsweise für den Transport hugenottischer und waldensischer Glaubensflüchtlinge.

Bern, dessen Territorium damals vom Genfersee bis fast an den Rhein reichte, war zur Zeit der grössten Fluchtbewegung in den Jahren nach der Aufhebung des Edikts von Nantes (1685) bemüht, die Flüchtlinge so rasch und bequem wie möglich weiterzuleiten – und das geschah auf dem Wasserweg. Dieser führte von Yverdon über Neuenburger- und Bielersee nach Nidau und weiter auf der Zihl bis zu deren Mündung in die Aare bei Meienried. Von Bern fuhren die Schiffe – für die Flüsse besonders geeignete, wendige Weidlinge – über Aarberg nach Meienried. Von dort ging es weiter auf der Aare bis nach Brugg, von wo der Landweg weiter nach Schaffhausen führte. Die Fahrt durch das katholische Solothurn stellte dabei kein Hindernis dar, denn der Solothurner Obrigkeit war der innereidgenössische Friede und die Freundschaft mit Bern wichtiger als die Wünsche Frankreichs und des in ihrer Stadt residierenden Ambassadors.
Dass die Reise auf dem Wasser nicht ganz ungefährlich war, zeigt das Schiffsunglück von 1687 bei Lyss, bei dem 111 Hugenotten den Tod fanden. Überfüllte Boote und betrunkene Schiffsleute dürften die Ursache gewesen sein. Doch zwischen Aarberg und Meienried war die Aarefahrt besonders gefährlich.

Erstes Vereinsjahr gut bestanden
Die Vereinsversammlung zeigte, dass der Verein das erste Jahr gut bestanden hat. Die Vereinsrechnung zählt bereits 6 Paare und 18 Einzelpersonen, die den Mitgliederbeitrag bezahlt haben sowie 8 Kirchgemeinden und Institutionen aus den Kantonen Aargau, Zürich und Schaffhausen. Die dreisprachige Homepage konnte ausgebaut werden, so dass nun Schweizmobil-Karten direkt integriert sind. Im Sommer konnten bei einem Waldspieltag die Kinder des Schaffhauser Ferienpasses für die Geschichte der Hugenotten interessiert werden. Eine Delegation war bei der Eröffnung des Wegabschnittes am Bielersee und bei einem Treffen in Neuenburg dabei. Im März 2019 wurde im Zürcher Fraumünster die Neuplatzierung der Gedenktafel für die Hugenotten und Waldenser gefeiert - organisiert von der Kirchgemeinde Fraumünster und der Eglise française. Die Tafel ist nun auf der Aussenwand gegen den Münsterhof wieder gut sichtbar. Schliesslich konnte im Mai eine öffentliche Führung mit Leonie Meier auf dem Hugenottenweg von Schafisheim nach Lenzburg angeboten werden, der viel Zuspruch fand. Eine Weiterführung des Wegs nach Aarau ist in Abklärung.

Anschliessend an die Jahresversammlung am Freitagnachmittag folgten die Referate, unterbrochen von einem reichhaltigen Imbiss im Haus zur Zinne. An der gut besuchten Veranstaltung im Chor der Stadtkirche Aarau musizierten Françoise Kuhn an der Orgel und Ursula Kern, Flöte. Zu Beginn der Jahresversammlung sprach Pierre-André Glauser ein Grusswort und erinnerte angesichts der Referentinnen an die Bedeutung von Frauen in der Geschichte der Hugenotten und Waldenser. Kirchenpflegepräsident Frank Ganter von Aarau begrüsste zur Abendveranstaltung, alt Stadtpfarrer Ueli Graf beschrieb die Kirche in ihrer Geschichte und Françoise Kuhn zeigte in ihrer Ansprache die zentrale Bedeutung des Psalters für die Festigung des reformierten Glaubens auf.
Hugenottenweg GV 2019
25.05.2019
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